Ausdauertraining – was bringt das eigentlich?
Menschen sind von anatomisch perfekt an das aufrechte Gehen und Laufen angepasst. Die Anpassung reicht von der Form der Füße über die Muskulatur und die Wirbelsäule bis zur Position des Schädels. Die evolutionär angepasste tägliche Bewegungsstrecke eines Menschen liegt bei 20-30 Kilometern. In einigen afrikanischen Stämmen ist das Zurücklegen solcher Strecken noch Alltag.
Sind Sie in Ihrem Leben schon einmal 30 Kilometer an einem Tag gelaufen?
In den letzten 100 Jahren ist die täglich zurückgelegte Strecke eines durchschnittlichen Menschen um ein Vielfaches gesunken. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts legten Menschen täglich etwa 20 Kilometer zurück.
Heute bewegen sich einige Menschen nur noch ins Büro, zum Einkaufen und danach zurück auf die Couch. Das mag verschiedene Ursachen haben, ist aber sicher nicht förderlich für die Gesundheit. Beispielsweise sind laut einer Studie der WHO 86% aller Sterbefälle in der EU auf Bewegungsmangel zurückzuführen.
Scheinbar bringt diese viele Bewegung gesundheitliche Vorteile mit sich. Aber welche Vorteile sind das eigentlich? Wie verändert sich der Körper, wenn regelmäßig trainiert wird bzw. was passiert, wenn das nicht der Fall ist?
Diese und noch einige weitere Fragen klären wir in diesem Artikel. Danach wissen Sie, warum sich regelmäßiges Ausdauertraining lohnt, worauf Sie vor dem Beginn des Trainings achten sollten und wie Sie ganz unkompliziert mehr Bewegung in den Alltag integrieren können.
Welche positiven Effekte entstehen durch regelmäßiges Ausdauertraining?
Ausdauertraining bzw. generell sportliche Betätigung kann viele unterschiedliche positive Auswirkungen haben. Dabei geht es sowohl um psychische als auch um physische Effekte. Die ersten positiven Effekte von Ausdauertraining sind bereits nach etwa 1-2 Wochen Training zu beobachten. Diese steigern sich nach 3-4 Wochen und erreichen nach einigen Monaten ihren Höchststand. Selbst wenn es am Anfang hart ist und vielleicht weniger Spaß macht, lohnt es sich also, trotzdem dranzubleiben!
Bei 90% der Bluthochdruckpatienten bewirkt ein regelmäßiges Ausdauertraining eine Senkung des Ruhe- und Belastungsblutdrucks und kann überdies eine bereits eingetretene Herzmuskelverdickung zumindest teilweise zurückbilden. Eine 30-minütige Ausdauerbelastung (z.B. Laufen oder Radfahren in mäßiger Geschwindigkeit) senkt den Blutdruck beispielsweise für bis zu 10 Stunden.
Durch die Senkung der Herzfrequenz wird weniger Sauerstoff im Herzmuskel verbraucht. Man kann davon ausgehen, dass durch ein konsequentes ganzjähriges Training die Herzfrequenz um durchschnittlich 10 Schläge pro Minute gesenkt werden kann. Das sind 14.400 Schläge weniger in 24 Stunden.
Regelmäßige und gezielte körperliche Aktivität erhöht das Wohlbefinden und unterstützt den Körper, chronisch fortschreitenden Erkrankungen (z.B. Bluthochdruck) auf natürliche Art und Weise vorzubeugen. Auch das Risiko für Zivilisationskrankheiten wie Diabetes kann durch ausreichende Bewegung verringert werden. Gleichzeitig kann besonders anfangs relativ schnell Gewicht verloren werden.
Eine besonders gesundheitsfördernde Bedeutung kommt dabei den sogenannten “Wegleistungen” (wie Gehen, Laufen, Radfahren oder Schwimmen) zu. Wegleistungsaktivitäten führen nicht nur zu einer Normalisierung der Ausdauerleistungsfähigkeit, sondern haben zusätzlich Auswirkungen auf verschiedene positive psychosomatische Regulationsmechanismen des Fettstoffwechsels.
Zusammengefasst wirkt sich Ausdauertraining auf praktisch jeden Teilbereich des Körpers aus. Es werden Parameter verbessert, die das Herz, das Blut und Gefäßsystem, den Stoffwechsel und Hormone, die Muskulatur, das Atmungssystem, das Gehirn und die Psyche, das Immunsystem und die Fettverbrennung betreffen.
Was ist Training und was muss für die Erreichung der positiven Effekte beachtet werden?
Es werden zwei Arten körperlicher Bewegung unterschieden:
- Alltagsbewegungen: sind die körperlichen Aktivitäten des täglichen Lebens, seien sie beruflicher Art oder der Freizeit zugeordnet. Die Alltagsbewegung ist die Variable, die maßgeblich den täglichen Energieumsatz bestimmt, meistens erheblich mehr als gelegentliche sportliche Aktivitäten.
- Training: ist regelmäßige körperliche Bewegung zum Zweck der Erhaltung oder Verbesserung der Kapazität von Organfunktionen auf Basis von Wachstumsprozessen in den beanspruchten Organen.
Um nachhaltig die oben aufgeführten positiven Effekte zu erreichen, ist besonders die Regelmäßigkeit des Trainings entscheidend. Regelmäßigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass jede Woche wirksame Trainingsbelastungen absolviert werden müssen, um nachhaltige Verbesserungen auszulösen und diese auch zu erhalten. Sie sollten regelmäßig versuchen, mindestens 150 Minuten pro Woche gezielte körperliche Aktivität zu betreiben. Die optimale Wirkung des Trainings erreichen Sie bei einer Wochen Trainingszeit von 2-3 Stunden. Über 4 Stunden Wochen-Trainingszeit bringen keine wesentlichen zusätzlichen Gesundheits-Effekte. Es gilt also nicht “viel hilft viel”!
Vor dem Beginn mit regelmäßigem Ausdauertraining sollte insbesondere bei Vorerkrankungen, mit Risikofaktoren (z.B. Übergewicht, Bluthochdruck etc.) oder auch aufgrund fortgeschrittenen Alters eine ärztliche Abklärung erfolgen. Dadurch kann das Risiko von Schäden und Problemen minimiert werden. Eine solche Untersuchung ist aber auch ohne bekannte Risiken oder Krankheiten sinnvoll. Selbst bei jungen Menschen können bisher unbemerkte Herzfehler oder sonstige Veränderungen im Körper bei plötzlich deutlich höheren Belastungen zu Problemen führen. Wer also vorhat, sich zukünftig sportlich zu betätigen und Ausdauertraining zu betreiben, sollte vorher einen kurzen Check-up Termin beim Arzt vereinbaren, um Probleme von Anfang an zu vermeiden und eine Schädigung des Körpers zu verhindern.
Praxis: Wie lässt sich Ausdauertraining unkompliziert in den Alltag integrieren?
Selbst eine Erhöhung der Alltagsbewegung außerhalb spezifischer Trainings kann erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Gesundheit haben. Natürlich sind die Auswirkungen wirksamer Trainingsbelastungen größer als die von Alltagsbewegung, aber selbst eine kleine Steigerung im Alltag ist deutlich besser als keine Veränderung oder komplett fehlende Bewegung. Bereits durch zehn Minuten zügiges Spazierengehen am Tag kann man sein Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes um 20 % reduzieren.
Versuchen Sie im Alltag bei jeder Gelegenheit etwas mehr Bewegung einzubauen. Meiden Sie beispielsweise Aufzüge oder Rolltreppen und nehmen Sie stattdessen die Treppe, sofern es Ihre Gesundheit zulässt. Wenn Sie Auto fahren müssen, suchen Sie sich einen Parkplatz, der etwas weiter von Ihrem Ziel entfernt ist und gehen Sie ein Stück zu Fuß. Dasselbe funktioniert auch mit der U-Bahn oder S-Bahn. Steigen Sie einfach eine oder zwei Stationen früher aus und gehen Sie den restlichen Weg. Statt in der Mittagspause in die Kantine zu gehen, können Sie die Gelegenheit für einen kurzen Spaziergang nutzen und sich dabei etwas zu Essen besorgen. Auch im Home Office ist genug Zeit, um 10 Minuten seiner Mittagspause für einen Spaziergang zu nutzen. Der Weg zur Arbeit kann in vielen Fällen auch mit dem Fahrrad oder sogar zu Fuß beziehungsweise laufend zurückgelegt werden, genauso wie der schnelle Einkauf oder der Weg zum Bäcker. Sie sehen also, es gibt viele einfache Möglichkeiten, um mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren.
Diese Liste ist bei weitem nicht vollständig und kann beliebig erweitert werden. Suchen Sie sich eine für Sie und Ihren Alltag passende Möglichkeit aus oder überlegen Sie sich etwas Eigenes. Nehmen sie sich jede Woche oder sogar jeden Tag eine bestimmte Veränderung für mehr Bewegung vor und fangen Sie einfach an. Es braucht keinen ausgefeilten Plan oder Vorbereitungen. Wenn sich eine Möglichkeit bietet, nutzen Sie sie, ohne groß darüber nachzudenken. Nach kurzer Zeit werden Sie feststellen, dass Ihnen immer neue Möglichkeiten einfallen und die Überwindung deutlich geringer wird. Probieren Sie es aus – es gibt nichts zu verlieren!